Kategorie: Bielefeld

  • Sturheit gehört zum Westfalen – eine zeitlose Geschichte

    Wenn man sich auf eines verlassen kann, dann ist es das Sommerloch. Es kommt jedes Jahr sehr zuverlässig und bleibt ein paar Wochen. Und das ist auch gut so. Es ist Urlaubszeit und alles ist etwas entschleunigt. Besonders freue ich mich aber in dieser Zeit auf die „Lückenfüller-Meldungen“ in den Zeitungen, die zwar grundsätzlich belanglos sind, aber durchaus amüsant sein können. Ja, hin und wieder nehme ich gern Papier und die Hand, auch wenn das oldschool ist.

    Lückenfüller bedeutet, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden „wichtigen“ Meldungen nicht ausreicht, um eine Zeitung zu füllen. Ein ganz natürliches Phänomen. Und das kommt im Sommerloch so oft vor, dass man diese Texte regelmäßig aufspüren kann. Zugegeben mit etwas Argwohn freut man sich regelrecht darauf. Und man möchte sagen: Das ist schon immer so gewesen – solange es Printmedien gibt.

    Im Netz gibt es so etwas auch, jedoch aus anderen Beweggründen. Schließlich entstehen dort ja gar keine Lücken. Die trotzdem ehr inflationäre Menge an – nennen wir sie – Online-Lückenfüllern im Sommerloch sind einzig dazu da, um Traffic zu generieren; also Geld zu verdienen. Und man kommt im Netz sehr einfach an solche Füller. Da wird schnell kopiert, was irgendein Vogel gerade gezwitschert hat. Dann werden Schlagwörter aufbereitet und ein Intro davor geschrieben, das die Sache etwas dramatisiert. Eine nicht unbedingt positive Entwicklung, die die klassischen Beispiele hoffentlich nie verdrängen wird.

    In diesem Zusammenhang erzähle ich heute von einer Sommerloch-Geschichte aus den 1950er Jahren. Der Artikel stand heute vor genau 55 Jahren in dem Tageblatt Freie Presse und ist einer der sehr wenigen, die man durchaus als zeitlos bezeichnen kann.

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  • Ledeburs Geschichte der Sparrenburg vor dem Turmbau 1842 – Eine Buchempfehlung

    Was lange währt wird endlich gut! Monatelang war Bielefelds Wahrzeichen, der Turm der Sparrenburg, verhüllt. Selbst zum offiziellen 800jährigen Jubiläum der Stadt, dem NRW-Tag 2014, hielt man ihn aus (baulichen) Sicherheitsgründen bedeckt. Jetzt gerade fallen die Hüllen und daher lohnt es sich, einmal auf ein Schriftstück hinzuweisen, das kurz vor der Erbauung des Turms verfasst wurde.

    Geschichte der vormaligen Burg und Festung Sparrenberg

    Meine Buchempfehlung ist deshalb die „Geschichte der vormaligen Burg und Festung Sparenberg“ vom Historiker Leopold von Ledebur. Er widmete dieses Werk seinem Onkel Ludwig von Ledebur zu dessen 50. Dienstjubiläum beim Militär. Ludwig hatte einige Jahre seines Lebens bei Verwandten in Schildesche gelebt.

    Buchtitel: Geschichte der vormaligen Burg und Festung Sparrenberg
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  • Eine Not-Goldmark aus Bielefeld und ihre Geschichte

    Meine Heimatstadt Bielefeld hat in der Vergangenheit eine bewegte Geschichte durchlebt und natürlich auch geschrieben. Aus der einstigen Hauptstadt der Grafschaft Ravensberg wurde im 19. Jahrhundert ein industrieller Standort, eine Hochburg des Handels und auch ein beliebtes Urlaubsziel. Die Weltkriege haben Bielefeld aber auch getroffen und sein Gesicht nochmal komplett verändert. Aus diesen einzelnen Epochen sind immer wieder kleine Überbleibsel hervor gegangen, die man heute noch finden kann – wenn man genau hin schaut!

    Ein gutes Beispiel dafür ist eine Not-Goldmark Münze der Stadtsparkasse Bielefeld, die ab Ende 1923 in verschiedenen Material-Ausführungen als Spenden-Medaille zu Gunsten der Bevölkerung des von Frankreich und Belgien besetzten Ruhrgebietes verkauft wurde. Es gibt sie in Messing, vergoldeter Bronze und – ganz selten – auch aus massivem Silber. Mit einem Durchmesser von 31,75mm ist sie deutlich größer als eine 2€ Münze. Die Not-Goldmark war ab 1923 als Nachfolger der durch die Hyperinflation entwerteten Mark fest an den US-Dollar gekoppelt und sollte so Stabilität herstellen. Über das Bielefelder Notgeld allgemein habe ich ja bereits an anderer Stelle geschrieben.

    Vorder- und Rückansicht der Medaille

    Vorder- und Rückansicht der Medaille

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  • Der Wirt von Bielefeld

    Ein geflügeltes Wort in den letzten beiden Jahrhunderten war der Ausspruch „Er geht mit wie der Wirt von Bielefeld“ (oder auch „Hei geit met as de Wed van Bielefeld“ ). Der eine oder andere wird diesen Satz schon einmal gehört haben. Aber was genau ist damit gemeint?

    Er geht auf eine Sage zurück. Sagen haben immer Märchencharakter, unterscheiden sich von ihnen jedoch immer in einem wesentlichen Punkt: Sie sind ortsbezogen während Märchen ehr heimatlos sind. Und Sagen haben meist eine alleinstehende kurze Handlung und bestehen teilweise nur aus drei Sätzen. Es gibt z.B. eine Sage über die Entstehung des ersten Westfalen, der als kräftiger und ruppiger Zeitgenosse aus einem Erdklumpen entstand. Auf plattdeutsch gibt es auch eine Geschichte über den „Schmied von Bielefeld“ und von den berühmten „Riesen auf dem Teutoburger Walde“ hat man ja auch schon mal gehört.

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  • Eine Zukunftsvision aus dem Jahr 1921 – Bielefelder Notgeld nach 80 Jahren

    Beim Schmökern in antiquierten Büchern bin ich auf einen lesenswerten Artikel gestoßen, den ich in diesem Blog-Post einmal zitiere. Er passt besonders in die „besinnliche Jahreszeit“, in der man sich oft an beschwerliche frühere Zeiten erinnert und sich darüber freut, wie gut sich unsere Gesellschaft in den Jahren entwickelt hat. Dieser Text ist allerdings etwas Besonderes, weil er genau umgekehrt entstanden ist: Der Autor hat eine Zukunftsvision in einer Zeit aufgeschrieben, in der gerade der erste Weltkrieg überstanden war. Er malt dabei sich und seiner Umwelt eine bessere Zukunft aus, ohne zu ahnen, dass ein zweiter Weltkrieg noch viel schlimmeres Leid bringen wird. Diesen zweiten Weltkrieg wird er selbst noch erleben.

    Das Textfundstück, das im Jahr 1921 in einer Sonderausgabe der Zeitschrift „Niedersachsen“ anlässlich der Feierlichkeiten zum 700jährigen Bestehens der Stadt Bielefeld veröffentlicht wurde, enthält neben viel Hoffnung auch eine gehörige Portion westfälischem Humors. Aber auch Patriotismus und Wut sind enthalten, was angesichts der bitteren Lage auch verständlich ist. Das alles ist eine sehr pikante Kombination, die unterm Strich verdeutlicht, dass Humor immer noch das beste Mittel ist, schwierige Zeiten mental gestärkt zu überstehen.

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  • Anweisung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, Markgraf von Brandenburg zur Taufe 1651

    Anlässlich der Taufe meines Ältesten habe ich gestern einen Text vorgelesen, der mir zufällig kurz zuvor aufgefallen ist. Er handelt unter Anderem von der Kindstaufe, daher passte er – wie man so schön sagt – wie die Faust aufs Auge. Der Text befindet sich im dritten Teil einer Buchserie mit dem Titel „Ravensbergische Merckwürdigkeiten“, das im Jahr 1752 von Ernst Albrecht Friedrich Culemann verfasst wurde. In ihm sind vielerlei Urkunden der Stadt Bielefeld zusammengetragen. Das Wort „Merckwürdigkeiten“ hat sich in der Zeit nicht nur in der Schreibweise, sondern auch sinngemäß gewandelt und muss hier im Sinne von „Dinge, die es würdig sind, sich zu merken“ verstanden werden.

    Dieses Buch kann man aufgrund seines Alters an verschiedenen Stellen per Download frei beziehen, so z. B. in der Bayrischen Staatsbibliothek. Den besagten Text findet man ab der Seite 107 ff. Es ist eine Anweisung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, Markgraf von Brandenburg an den Bürgermeister und den Rat der Stadt Bielefeld. Der Kurfürst ist in dieser Zeit praktisch der Herrscher in diesem Gebiet. Gleichzeitig hat er eine sehr enge Beziehung zu Bielefeld und ist auch oft und gern Gast auf der Sparrenburg. Und so missfallen ihm die „unchristlichen Zustände“ in dieser Stadt nach dem 30jährigen Krieg. Also verfasst er am 08.04.1651, drei Jahre nach Kriegsende, diese umfassende Erweiterung bestehender Regeln. Er gibt sie sodann an den Bürgermeister der Stadt weiter, damit dieser die Regeln publiziert. Sein Problem mit den Istzuständen bringt er dabei bereits in der Einleitung schonungslos auf den Punkt. Es folgen 10 Kapitel, die diverse Themen rund um Fest- Feier- und Sonntage und im Speziellen auch Hochzeiten, Kirchgängen, Taufen und auch Beerdigungen behandeln. In meinem kleinen Vortrag habe ich mich natürlich nur mit der Einleitung und dem 8. Kapitel befasst, in dem es um die Taufe geht. Diesen Teil des Textes habe ich heute digitalisiert und hier einmal angefügt.

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  • Rundgang und Ausflüge in und um Bielefeld im Jahr 1919

    Ein schönes Fundstück ist ein alter Stadtführer, der im Jahre 1919 vom „Öffentlichen Verkehrsbuerau“ der Stadt Bielefeld herausgegeben wurde. Dies befand sich damals in der Lützowstr. 18 (der heutigen Karl-Eilers-Straße) [Karte] zusammen mit der Bielefelder Schreibstube (eine Art Ur-Copyshop) in unmittelbarer Nachbarschaft des Volkswacht-Gebäudes (Arndtstraße). In diesem Heft werden Reisende nicht nur über die Geschichte der Stadt informiert, sondern auch auf Sehenswürdigkeiten hingewiesen und zum Einkaufsbummel animiert. Besonders interessant sind der beschriebene Rundgang durch Bielefeld und auch die angepriesenen Ausflüge. Es ist praktisch ein Blick in das Bielefeld des frühen 20. Jahrhunderts, der deutlich macht, dass vieles verschwunden oder vollkommen anders ist aber anderes auch die lange Zeit überdauert hat. Ich habe diese zwei Abschnitte deshalb unverändert digitalisiert und mit Querverweisen etwas aufbereitet. Die enthaltenen Bilder sind nicht Teil der digitalisierten Textpassagen und deshalb auch separat mit Quellenhinweisen versehen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen – und natürlich beim Wandern!

    Ach ja, damit kein Missverständnis auftritt: Ich animiere hier zu selbst organisierten Touren, indem ich aus dem Stadtführer zitiere. Dies ist kein kommerzielles Angebot!

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