Im Januar 2026 jährt sich das Zugunglück von Avenwedde zum 175sten Mal. Es war das bis dahin schwerste Eisenbahnunglück in Deutschland und das ganze Land horchte auf. Es gab drei Todesopfer, viele Verletzte und großen Sachschaden zu beklagen. Zudem war ein Mitglied der Königsfamilie unter den Passagieren. Dieser Unfall hatte weitreichende Folgen – auch für den Lokomotivbau. Es lohnt sich, zum runden Jahrestag einmal hinzuschauen.
Treten wir erst einmal einen Schritt zurück und machen uns ein Bild.
Die noch junge Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft, kurz CME, war der Betreiber der Strecke, auf der der Unfall passierte. Sie verband mit ihrem Schienenstrang zwischen eben diesen Städten den Rhein in Köln mit der Weser in Minden. Dabei profitierten auch viele Städte an der Strecke, die mit einem Bahnhof bedacht wurden. Mit dabei waren von Anfang an Bielefeld und Gütersloh, zwischen denen zunächst kein weiterer Bahnhof lag, doch führte die Strecke dazwischen damals wie heute über Avenwedde.
Die CME war als Aktiengesellschaft das Resultat von Bestrebungen verschiedener Visionären und Funktionären. Maßgeblich getrieben von Friedrich Hakort wurde sie 1843 gegründet und verfügte ab 1847 über die gesamte angestrebte Streckenführung. Bielefeld, Gütersloh und damit auch Avenwedde liegen am neuesten Teilstück der Strecke. Hakorts Rolle selbst war nur die des Initiators; als Unternehmer hatte er bezüglich der Eisenbahn seine eigenen Interessen im Blick und war daher später nicht selbst an der Eisenbahngesellschaft beteiligt. Er schrieb bereits 1833, also vor Eröffnung der ersten Eisenbahn in Deutschland überhaupt, viele grundlegende Berechnungen und beispielhafte Vorteile in seiner Denkschrift „Die Eisenbahn von Minden nach Cöln“ nieder und brachte damit viele fürsprechende Argumente auf Papier. Dabei schreckte auch nicht vor sehr weiten Herleitungen zurück. Für Bielefeld sah er beispielsweise außer dem allgemeinen wirtschaftlichen Vorteil und der möglichen Versorgung mit Kohle aus dem Ruhrgebiet auch eine Verbesserung der Wasserversorgung bei den Bleichen. Durch die Erdarbeiten am Pass des Teutoburger Waldes sollte es zu einer „Senkung der Wasserscheide“ kommen und dadurch würden die Quellen freier fließen. Vielleicht braucht es manchmal solch einen Übereifer.
Friedrich Hakort war ein zielstrebiger Techniker und zugleich ein belesener Intellektueller mit guten Beziehungen. Und er verdeutlichte dies gleich zu Anfang in seinem oben genannten Buch mit einem Zitat von Charles Babbage im originalen Englischen Wortlaut.
„It may possibly be found that the dominion of mind over the material world advances with an ever-accelerating force.“
Charles Babbage
Das Zitat stammt aus Babbages Werk On the Economy of Machinery and Manufactures von 1832.